TISCHTRANSAKTION RLP
Es ist die Idee des symbolischen TAUSCHENS und der GASTFREUNDSCHAFT, die über das Projekt TISCHTRANSAKTION vermittelt wird. Für sechs Wochen wurde der eigene Tisch Gast in einem anderen Haus. In dieser Zeit kam ein getauschter Tisch zu Besuch und die Gastfreundschaft wurde gepflegt, indem Gäste, die sich anmeldeten, willkommen waren. Das Potential der Impulssetzung und der Vernetzung hatte sich im Pilotprojekt 2012 gezeigt. Vielförmigste Initiativen wurden entfaltet: vom kleinsten privaten Bereich bis in soziale und kulturell öffentliche Felder.
Nachdem im Oktober 2013 die Finanzierung der Netzwerkpartner-Projekte durch den Fonds Soziokultur e.V. und das Kernprojekt TISCHTRANSAKTION durch die Stiftung Rheinland-Pfalz für Kultur gesichert war, konnte das Projekt starten: 40.000 Flyer wurden gedruckt.
Boris Nieslony, der „Tischmensch unterwegs“ mit Tisch auf dem Rücken, war das repräsentative Bild und das Medium zur Verbreitung der Idee der TISCHTRANSAKTION 2014. Durch diese Kunstaktion von Anfang Dezember 2013 bis Ende Februar 2014 erfolgte die Flyerverteilung mit Informationen zur Verfahrensweise der vielschichtigen und innovativen TISCHTRANSAKTION im ganzen Bundesland Rheinland-Pfalz.
Anfang Dezember durchstreifte der „Tischmensch“ Mainz und besuchte die Veranstaltung „Der Tisch ist nicht rund, sondern eckig“ des Netzwerkpartners Werkstatt Strunkgasse mit 30 jungen Besuchern aus der Kunstszene Mainz, die sich über die kulturanthropologischen und gesellschaftspolitischen Hintergründe der TISCHTRANSAKTION in einem interdisziplinären Tischgespräch austauschten.
Ab Januar probte die Performancekünstlerin Mareike Buchmann mit Kindern und Jugendlichen die Tanzperformance „Dialoge mit und an Tischen“ und führte am 15. Februar das Stück „Sprich“ sage ich zum Tisch und der Tisch spricht „Ich“ in der „On y va“ – Produzentengalerie in Mainz vor etwa 100 Zuschauer auf.
Im nördlichen RLP lud der Künstler Rainer Hess am 21. Februar in sein Atelier zur „musikalischen Tisch- Session“ und SWR 4 berichtete über die TISCHTRANSAKTION.
Am 15. März fand das sensationelle „Kailer Tischrennen“ statt, initiiert von der Künstlerin Ute-Marie Paul. Im Anschluss daran wurde zum syrischen traditionellen Essen „bodennah lädt ein“ mit syrischen Flüchtlingsfamilien, die jetzt in der Eifel eine Wohnstatt gefunden haben, eingeladen.
Die Landesschau SWR Fernsehen berichtete darüber.
In jeder Stadt, die der „Tischmensch“ durchwanderte, gab es ausführliche Interviews mit Tageszeitungen, Wochenzeitungen, Radio und Fernsehen. Menschen auf der Straße begrüßten Boris Nieslony freundlich: „Ach, Sie gibt es also wirklich…“ „Schön den Tischmenschen unterwegs zu sehen…“ oder sie schauten verwundert über diese kuriose Erscheinung im alltäglichen Straßenbild.
Die beste Gelegenheit über die TISCHTRANSAKTION zu informieren und auftretende Fragen zur praktischen Durchführung zu beantworten. Die Anmeldeadresse mit www.blog.tischtransaktion.de und die Facebook-Seite wurden landesweit publiziert. (s. Pressespiegel)
Es meldeten sich über 150 potentiell Interessierte, die sich über das Projekt informieren ließen: Viele hatten die Vorstellung, dass Künstler zu Ihnen nachhause kommen und mit Ihnen etwas machen, oder dass die Projektleiterin Karin Meiner mit einem Kreis von Tischtauscher kreative „Tischprojekte“ organisiert. Die Meisten sagten ab, als sie erfuhren, dass persönliche Adressdaten veröffentlicht werden, damit auch von außen völlig fremde Menschen sich melden und die Tauschtische mit ihren neuen Gastgebern besuchen können. Es galt sich zu öffnen für die „Kunst der Begegnung“ und sich mit Vertrauen auf einen offenen Prozess einzulassen.
Zum Anmeldeschluss am 15. März 2014 lagen 35 verbindliche Anmeldungen vor mit wichtigen Daten zur Logistik, Transport, Zeitreglement, Tischdaten und Tischgeschichten. Zusätzlich wurden acht neue künstlerische und soziokulturelle Projektangebote zu den schon 2013 Geplanten eingereicht.
Anfang März wurden 30.000 Flyer mit den Kontaktdaten der privaten Tischtauscher und den Netzwerkveranstaltungen gedruckt.
Die Logistik des Transportes der Tische wurde entwickelt, die Tischtauscher informiert und die Tische vom 19. bis 30. März in ganz Rheinland-Pfalz in teilweise zwölfstündigen Aktionen transportiert und den Tisch- Gastgebern in die Wohnung gestellt.
Am 1. April 2014 startete das Kernprojekt – die TISCHTRANSAKTION.
Kaum, dass die Gast-Tische bei ihren neuen Gastgebern standen und die Tischtauscher untereinander ihre Kontaktdaten erhalten hatten, ging es los – mit Einladungen untereinander. Es kam eine E-Mail nach der anderen…. Fernsehberichte (WDR Lokaltermin, SWR Landesschau) Radioberichte (SWR 3,4 und 2, einstündiger Interview-Beitrag bei Radio Rheinwelle in Wiesbaden-Mainz, Interviews auf HR2, Radio Luxemburg, lokale Beiträge bei Radio Antenne und Rockland) Monatszeitschriften, Wochen- und Tageszeitungen in ganz RLP begleiteten die Aktion. Die Medienvertreter besuchten die Netzwerkprojekte und die Tischtauscher und berichteten sehr ausführlich über die einzelnen Aktivitäten.
Die Idee und Realisierung der TISCHTRANSAKTION geht weit über klassische Partizipationskonzepte hinaus, vernetzt das Potential der Interaktion und kulturellen Teilhabe der privaten Haushalte in die Gemeinde hinein und darüber hinaus in den weiteren Kulturbereich und wieder zurück.
Die Teilnehmer realisierten die Idee individuell und waren selber überrascht von dem innewohnenden Potential, da sich “wie von selbst” mannigfaltige Konzepte entwickelten: Lesungen, Konzerte, gemeinsame kreative Gestaltungsaktionen und Themenabende für gemeinsame Tisch-Geschichten wurden im privaten Bereich angeboten.
Parallel fanden die großen öffentlichen Kunstprojekte statt:
In Trier startete die Künstlerin Pia Müller mit einer “Tisch-Rikscha”. Jedes Wochenende im April von Freitag bis Sonntag kutschierte sie angemeldete Fahrgäste durch Trier. Je ein junger und älterer Mensch, die sich ihre Geschichten in und über die Stadt erzählten und die Rikscha-Fahrerin anwiesen gewisse Routen zu Erinnerungsorten zu radeln. Jung trifft auf Alt. Fernsehen SWR- Landesschau, der Trierische Volksfreund und Wochenblättchen berichteten über das generationsübergreifende originelle Tisch-Projekt und streuten die Kontaktdaten der Künstlerin für weitere Anmeldungen.
In Saarburg legte sich die Künstlerin Cordue am 5. und 6. April zu ihrem Kunstprojekt “Tischuntermalungen“ unter den Tisch in der Produzentengalerie ScintilLab, einer ehemaligen Metzgerei. Den Gästen wurde dazu die berühmte Kartoffelwurst des ehemaligen Metzgermeisters kredenzt. Eine Woche später gab es in der Kinder- und Jugendkunstschule der KulturGießerei Saarburg eine „TischBauGruppe“, die unter Anleitung der Künstlerin und mit Hilfe eines Schreinermeisters i.R. Tische bauten. Angeregt durch die Idee der TISCHTRANSAKTION entwickelt Cordue weiterhin originelle Kunstprojekte für Groß und Klein: z.B. „Das Museum in ihrem Wohnzimmer“, wo Menschen aufgefordert werden in ihren Wohnräumen ihre Originalkunst Kindern zu zeigen. Die KiJuSchu möchte Kindern und Jugendlichen somit die besondere Qualität einer Wohnsituation mit Kunst lebensnah erklären.
Zwischendurch fand in Klotten an der Mosel in Kooperation mit der JuKusch e.V. das Dorffest „Windstärke 14“ mit „Geschichten an blauen Tischen“ statt.
In Eichelhardt, im nördlichsten Zipfel von Rheinland-Pfalz, empfing Katharina Keller im großen Bildhaueratelier zusammen mit ihrem Mann Frank Herzog Gäste am „Vis à Vis-Tisch“, wo am Tauschtisch Portraits gezeichnet und gegen Gastgeschenke getauscht wurden. Zu sehen im SWR- Landesschau- Beitrag vom 24.04.14 www.blog.tischtransaktion.de/?p=751
In Duchroth an der Nahe nutzten die beiden Tischtausch-Familien die Gelegenheit und initiierten am 27. April ein Dorffest unter dem Motto „Tisch-Flashmob“. Gäste wurden gebeten Musikinstrumente mitzubringen und sich zu verkleiden. Dabei wurde der „Tisch-Rap“ spontan eingeführt und das erste Mal geprobt.
Am ersten Maiwochenende hatte die Künstlerin Carola Lantermann zu „Tisch-Stationen“ an den alten Fähranlegestellen Niederfell und Gondorf an der Mosel eingeladen. Ein Boot, mit kleinem Tisch bestückt, pendelte zwischen den beiden Ufern hin und her und transportierte Kaffee und Kuchen.
Den „Tisch-Stationen“ war ein bürokratischer Vorlauf beschieden, denn es musste eine Genehmigung beim zuständigen Wasser- und Schifffahrtsamt in Koblenz eingeholt werden. Ein Nutzungsvertrag für die zwei Tage wurde aufgesetzt, die Standfläche der Tische penibel eingetragen und ein Nutzungsentgeld musste eigens entrichtet werden. Die Künstlerin plant für 2015 eine Fortsetzung der „Tisch-Stationen“ in Schengen, ein Moselort in Luxemburg mit aktuellem politischem Hintergrund.
Zwischenzeitlich fanden mehrere Hauskonzerte am Tauschtisch in Lützingen statt, sowie Wohnzimmerkonzerte am Tauschtisch in Plaidt bei der Sängerin Andrea Neideck. Die Konzerte waren „ausgebucht“ bis zum letzten Platz mit etwa 80 Besuchern pro Veranstaltung.
Auch das Andernacher Amateurtheater TIK stieg ein, ließ sich von der TISCH-Metapher inspirieren und präsentierte das Improvisationstheater „Auf den Tisch gekommen“ im öffentlichen Raum – in den Rheinanlagen in Andernach.
Im Mai lud Heike Gaudenti an ihren Gasttisch mit „Bücherfutter“ und ging dann mit ihrem „Lese-Tisch auf Reisen“ zur Caritas und in die Stadtbücherei in Emmelshausen und in die Schule in Pfalzfeld.
Im Rahmen des Kreativangebots der GFBI / Arbeitsloseninitiative JUWEL in Montabaur war ein aufsehenerregender Tisch mit Stühlen und Schirm gestaltet worden. Im Vorfeld war eine Kooperation mit dem Arp Museum Bahnhof Rolandseck in die Wege geleitet worden, wo dieser Tisch auf der Sonnenterrasse des Bistros vom 10. April bis 15. Mai seinen Platz fand – eine Kooperation mit Geschmack und Gastlichkeit unter dem Motto „zu Tisch bei Arp“. Die Jugendlichen bauten das Tisch-Ensemble auf und besuchten kunstpädagogische Angebote des Museums. Auch hier hat sich eine langfristige Kooperation zwischen dem Arp Museum und JUWEL entwickelt: JUWEL erhielt einen Auftrag zur Wartung und Reparatur der museumseigenen Fahrräder. Weiterhin besuchen die Jugendlichen Workshops im Museum und erhalten Gelegenheit zur Präsentation.
Anfang Januar 2014 besuchten der „Tischmensch“ Boris Nieslony und Karin Meiner das Wilhelm-Hack-Museum und stellten dem Team des „hackgARTens“ die Idee der TISCHTRANSAKTION vor. Zuvor nahmen sie eine Mahlzeit im Restaurant „La Torre da Angelo“ ein und der leutselige Chef Angelo kam ins Gespräch mit dem Tischmenschen und begeistert von dem Prinzip der TISCHTRANSAKTION schlug er eine große öffentliche „Tisch-Spagetti-Transaktion“ auf dem Vorplatz zwischen Restaurant und W. Hack- Museum vor. Diese Idee wurde dann tatsächlich am 18. Mai anlässlich des Familientages zum internationalen Museumstag realisiert – in Kooperation mit dem W. Hack- Museum und dem evangelischen Gemeindedienst.
Bei dem Besuch des Gärtnertreffs des „hack-museumsgARTen“ entstand die Idee Pflanztische zu bauen und im innerstädtischen Bereich in Ludwigshafen aufzustellen und daraus „Pflanzen-Tausch-Börsen“ zu entwickeln. Dafür hätte aber eine treibende Kraft dort anwesend sein müssen, bzw. ein Künstler den Auftrag erhalten müssen in dieser Sache initiativ tätig zu werden. Glücklicherweise kontaktiert der gemeindepädagogischen Dienst in Kaiserslautern die Projektleiterin Karin Meiner zwecks Tischtausch und in mehreren Telefonaten konnte ein fruchtbarer Austausch zwischen den Aktiven des Bibelgartens auf dem Gelände der ehemaligen Landesgartenschau in Kaiserslautern und denen des „hack-museumsgARTen“ in Ludwigshafen arrangiert werden. „Pflanz-Tische“ wurden ausgetauscht und sich gegenseitig festlich besucht.
Obwohl 30.000 Flyer verteilt worden waren und die Medien landesweit und darüber hinaus auch überregional – HR2 und WDR Fernsehen – die TISCHTRANSAKTION in den Fokus hoben und in vielfältigster Weise über laufende Aktivitäten berichteten, war es nicht selbstverständlich geworden, dass Fremde sich bei den Tischtauscher zum Besuch anmeldeten. Zu befremdlich die Vorstellung in den privaten Raum fremder Menschen zu gehen.
Obwohl viele Menschen die TISCHTRANSAKTION außerordentlich interessant und gut fanden, äußerten sie, dass heutzutage im beruflichen Alltag kein Mensch mehr Zeit für außergewöhnliche Begegnungen hätte. Das behält man sich – wenn überhaupt – für den Urlaub vor. Einige Tischtauscher berichteten begeistert über ihre Erfahrungen der Gastfreundschaft in fernen Ländern, die dazu führten bei der TISCHTRANSAKTION RLP teil zu nehmen.
Nach einiger Zeit tauchte die Frage auf, wie erreicht man die potentiellen Gäste, wenn sie nicht einfach so neugierig geworden durch die Berichterstattungen, herbeiströmen? Einige Tischtauscher ließen sich spontan dann besondere Tisch-Aktionen einfallen, um mehr und fremde Gäste öffentlich zu werben:
in Esslingen in der Pfalz wurde zu „Hoffesten am grünen Tisch“ eingeladen; in Kapellen-Drusweiler in der Südpfalz engagierte die Gastgeberin eigens eine Märchenerzählerin unter dem Motto „Der geheimnisvolle Märchentisch“ und lud einen Autor ein seine Kurzgeschichten „Was partout auf den Tisch muss“ vorzutragen. Auch in der Vordereifel in Wassenach öffnete man den privaten Bereich und lud öffentlich zur „Quadratur des Kreises“ zu verschiedenen Themenabenden an den Tauschtisch ein.
Die Geschichten über die jeweiligen Erlebnisse mit und an den Tauschtischen, die die Menschen, die an der TISCHTRANSAKTION teilnahmen, zu erzählen haben, würden ein Buch füllen.
Aufgabe der Projektleiterin war es die Kommunikation untereinander zu unterstützen und zu pflegen: von der landesweiten Öffentlichkeitsarbeit bis zu den Kalendereinträgen auf dem Blog.TISCHTRANSAKTION und auf Facebook und durch Besuch der Veranstaltungen.
Das Besondere ist die VIELSCHICHTIGKEIT und POTENTIALITÄT des Projektes.
Durch ideenreiche innovative Kunstformen werden unterschiedlichste Teilnehmer angesprochen und gewonnen: Kinder, Jugendliche und Erwachsene mit unterschiedlichem sozialen Hintergrund beteiligten sich in diesem landesweiten Projekt. Man kann von mindestens 3000 bis 5000 aktiven Teilnehmer und Teilgeber der landesweiten TISCHTRANSAKTION ausgehen. Nicht gezählt die Nicht-Aktiven, die dadurch teilnahmen, dass sie darüber oftmals sehr leidenschaftlich diskutierten. In diesen Monaten war die TISCHTRANSAKTION in aller Munde in RLP.
Die TISCHTRANSAKTION ist eine basisdemokratische Erweiterung des kulturellen Feldes, ein Tausch und ein Austausch, der erstmal nicht so schnell zu fassen ist. Dieses Projekt hat tiefliegende soziale kulturelle Wurzeln, die lang anhaltende Wirkungen zeigen.
Das Projekt ist so angelegt, dass darüber hinaus eine Plattform geschaffen wird, um langfristig mannigfaltige Kulturprojekte anzubieten.
Aus der Erfahrung wird man voraussagen können, dass sich über die Realisierung der TISCHTRANSAKTION kreative und soziale Aktivitäten entwickeln werden, da eine grundsätzliche Offenheit besteht, die Impulse zulässt.
Des Weiteren hat die TISCHTRANSAKTION studentische innovative Kunstprojekte zu „Tisch-Gesprächen“ und zu „Tischbaugruppen“ im öffentlichen Raum inspiriert.
Es konnten langfristig und nachhaltig Impulse gesetzt werden.